Was ist ein Sichtbeton?
Ob als gestalterisches Element oder als Vorstufe innerhalb der Bauphase – Sichtbeton kommt in vielseitigen Bereichen zum Einsatz. Unter anderem im Kirchenbau, aber auch in der modernen Gestaltung. Sichtbeton ist in verschiedene Klassen unterteilt, je nach Anwendungsbereich.
Sichtbeton als wichtiges Gestaltungsmittel in der Architektur
Eine Verschalung einfach abzureißen, könnte in der Theorie zwar funktionieren, ist allerdings nicht Sinn und Zweck des Sichtbetons. Stattdessen ist dieser Beton – der auf den ersten Blick wie normaler Beton aussieht – ein bewusstes Stilmittel. Sichtbeton entsteht nicht rein zufällig, sondern mit bewusster Planung der jeweiligen Sichtbeton-Klasse, Schalungshaut und weiteren technischen Merkmalen.
Vor allem für Wände, dekorative Elemente, Treppen oder ganze Fassaden kommt der Sichtbeton zum Einsatz. Teilweise, gerade, wenn es sich um sehr dicke Bauteile oder Wände handelt, besteht auch nur eine äußere Schicht aus Sichtbeton. Durch die individuelle Nachbehandlung und die ebenso individuellen Farbmöglichkeiten ist die Arbeit mit Sichtbeton ein beliebtes Gestaltungselement.
Vor allem im Brutalismus, einem Baustil in der Moderne, der vor allem ab 1950 zum Einsatz kam, ist Sichtbeton maßgeblich beteiligt. Unter dem Begriff Brutalismus werden verschiedene Architekturkonzepte vereint. Es gibt zudem einen neuen Brutalismus, bei dem sowohl die Konstruktion als auch das Material sozial wie ethisch authentisch sein soll.
Wer bei Gebäuden oder Elementen Konstruktionen bewusst betonen möchte oder simple sowie geometrische Formen herausstellen möchte, ist bei dieser Gestaltungsform genau richtig.
Definition und Geschichte
Nicht verputzter oder verblendeter Beton wird Sichtbeton genannt. Vor allem im Brutalismus ist dieses gestalterische Element vorherrschend. Der künstlerische Gebrauch von Sichtbeton fällt in den Bereich der Bildhauerei. Sichtbeton kann sogar mit Holz kombiniert werden, um ein noch künstlerisch stärkeres Ergebnis zu erzielen. Hierbei kommt es individuell auf die jeweiligen Zielsetzungen an, ob es sich beispielsweise um einen Brückenpfeiler, eine Kellertreppe oder um ein einmaliges Kunstwerk oder eine Kirche handelt.
Zur Anwendung kam Sichtbeton erstmals um 1908 herum im Kirchenbau. Zu den ersten Kirchen mit Sichtbeton-Fassaden gehörte die St. Konrad und Elisabeth in Freiburg. Die erste reine Sichtbeton-Kirche stammt aus dem Jahr 1925. Es handelt sich um die Antoniuskirche (St. Anton) in Basel in der Schweiz. Im Jahr 1925 begann außerdem der Bau des zweiten Goetheanum, ein Stahlbetonbau mit einer Fassade aus Sichtbeton.
Was muss beim Bau mit Sichtbeton beachtet werden?
Damit der charakteristische Stil des Sichtbetons erreicht wird, müssen entsprechende Kriterien und Klassen beachtet werden. Einerseits muss die Schalhautstruktur beachtet werden, aber auch die Materialauswahl ist für die Farbe relevant, ebenso die spätere Bearbeitung und die konstruktive Gestaltung.
Um die Sichtbetonfläche umzusetzen, sind folgende Schritte nötig:
Leistungsbeschreibung: Der erste Schritt ist die Auswahl der jeweiligen Sichtbeton-Klasse abhängig des konkreten Anwendungsbereiches. In einer derartig frühen Phase geht es vor allem um die Abstimmung zwischen Bauherren und Architekten.
Schalungshaut: Das spätere Aussehen der Fläche wird maßgeblich auch von der Schalungshaut beeinflusst. Im Aussehen gibt es abhängig des Fabrikats und des Holzes große Varianzen. Im weiteren Verlauf wird die gewünschte Schalungshaut präzisiert und bestätigt. Im Grunde genommen ist die Entscheidung des Schalungssystems noch ein Bestandteil der Leistungsbeschreibung.
Material und Farbe: Obwohl die meisten Sichtbeton-Wände einen Grauton haben, so kann es durch das verwendete Material dennoch große Farbunterschiede geben. Mit weißem Zement kann eine sehr helle, schon fast weiße Flächenfärbung erreicht werden. Werden farbige Pigmente hinzugefügt, kann sogar farbiger Beton kreiert werden. Mittels Grauzemente können Tönungen in Braun, Ocker oder Rot hergestellt werden. Alternativ zur Durchfärbung mit Pigmenten können auch Lasuren zum Einsatz kommen.
Erprobung: Durch Erprobungsflächen kann die konkrete Farbtönung festgelegt werden. Auf diese Weise können die tatsächlichen Rahmenbedingungen festgestellt werden, die bei der späteren Bearbeitung zu erwarten sind. Auch wird die Erprobungs- und Referenzphase genutzt, um technische Methoden abzusichern oder zu entwickeln. Auch kann der erforderliche Aufwand optimiert und vorher festgelegt werden sowie die Einweisung des Personals ist durch diese vorherige Phase möglich.
Weitere Bearbeitung: Die fertige Betonoberfläche kann für eine besondere Wirkung noch weiter bearbeitet werden. Dabei wird üblicherweise zwischen drei Verfahren unterschieden, dem Waschen, Strahlen oder Säuern. Ausführbar sind diese Verfahren und steinmetzmäßige Bearbeitungen erst, wenn der Beton weitestgehend fest ist. Diese Bearbeitungsverfahren können die Textur und die Färbung stärker freilegen. Je nach gewählter Methode ist das Ergebnis gleichmäßiger oder ungleichmäßiger und poriger.
Der Umgang mit Sichtbeton erfordert viel Erfahrung. Die kleinsten Abweichungen im Material oder der Handhabung kann zu äußerlichen Veränderungen sowie einem Ergebnis führen, das vom Bauherren nicht gewünscht ist. Ist der Sichtbeton einmal final gegossen, lassen sich diese Eigenschaften nicht mehr verändern, sodass vor allem die Musterfläche für die Erprobung wichtig ist.
Wie ist Sichtbeton verarbeitet?
Für die Verarbeitung ist die Zusammensetzung des Betons entscheidend. Das Ziel ist eine Sichtbetonfläche, welches mit einem Zementgehalt von über 300 Kilogramm pro Kubikmeter aufwartet. Der W/Z-Wert sollte gleich oder weniger als 0,55 liegen. Eventuell muss hierfür ein verflüssigtes Zusatzmittel zum Einsatz kommen. Schon die geringsten Schwankungen und Abweichungen dieses Wertes können unter Umständen zu einem erkennbaren Helligkeitsunterschied führen.
Bei der Verarbeitung muss außerdem beachtet werden, dass kein Restbeton und kein Restwasser verwendet wird, damit es nicht zu einer Farbbeeinflussung kommt. Auch während der Bauausführung ist es wichtig, sowohl Ausgangsstoffe als auch das Herstellwerk nicht zu wechseln, damit auch hier keine optischen Unterschiede entstehen.
Verschalung mit Sichtbeton
Für die Verschalung können verschiedene Gestaltungsmethoden zum Einsatz kommen. Bei der Art des Betonierens ist es das Ziel, die jeweilige Schalungsstruktur nach vorn zu bringen. Sie setzen hierfür verschiedene Flachmaterialien ein, wie zum Beispiel Sägezahnprofile oder Wellenmuster. Möchten Sie dagegen künstlerischer arbeiten, können Sie Sichtbeton mit Holz kombinieren.
Einsatzmöglichkeiten von Sichtbeton
Sichtbeton kommt sowohl im privaten Rahmen als auch für öffentliche und repräsentative Gebäude zum Einsatz. Beispielsweise für:
Gebäudefassaden
Wände
Treppen
Treppenhäuser
Stützwände
Innenräume
geformte Deko-Elemente
Klassen von Sichtbeton
Laut dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein gibt es vier Sichtbeton-Klassen:
SB 1: Bei der ersten Stufe sind die Anforderungen gering. Zum Einsatz kommt dieser Sichtbeton zum Beispiel bei Kellerwänden und anderen Bereichen, in denen vor allem eine gewerbliche Nutzung zu erwarten ist.
SB 2: Die Sichtbeton-Stufe 2 mit normalen Anforderungen eignet sich zum Beispiel für Stützwände und Treppenhäuser.
SB 3: Besondere Anforderungen enthält diese Stufe, die für Hochbau-Fassaden genutzt wird.
SB 4: Möchten Sie repräsentative Bauteile in Sichtbeton gestalten, dann kommt für den Hochbau die Sichtbeton-Klasse 4 zum Einsatz. Hier sind die Anforderungen an den Sichtbeton besonders hoch.
Die Anforderungen der jeweiligen Klassen beziehen sich auf die Arbeitssorgfalt, die Qualität der Schalungshaut, technischen sowie gestalterischen einzelnen Kriterien.